Adhärenz: der Schlüssel zum Therapieerfolg für Menschen mit Asthma
Lesedauer ca. 6 Minuten
Um eine chronische Erkrankung wie Asthma kontrollieren zu können, ist eine gute Adhärenz fundamental wichtig. Das deutsche Wort dafür ist Therapietreue. Aber was heißt das konkret? Welche Fehler können dabei passieren und wie lässt sich die Adhärenz noch verbessern?

Adhärenz: der Schlüssel zum Therapieerfolg für Menschen mit Asthma


Lesedauer ca. 6 Minuten
Um eine chronische Erkrankung wie Asthma kontrollieren zu können, ist eine gute Adhärenz fundamental wichtig. Das deutsche Wort dafür ist Therapietreue. Aber was heißt das konkret? Welche Fehler können dabei passieren und wie lässt sich die Adhärenz noch verbessern?
Was ist Therapietreue?
Der Begriff Therapietreue geht deutlich über die pünktliche Medikamenteneinnahme hinaus und weist Patient*innen eine aktive Rolle bei ihrer Behandlung zu. Voraussetzung für eine gute Therapietreue ist, dass Ärzt*innen und Patient*innen gut zusammenarbeiten und gemeinsam einen Therapieplan erarbeiten, der an die individuellen Bedürfnisse angepasst ist.
Von guter Therapietreue spricht man, wenn Patient*innen die gemeinsam vereinbarten Vorgaben nicht nur einhalten, sondern auch im offenen und ehrlichen Austausch mit ihren Ärzt*innen bleiben. Das bedeutet, dass sie ihr Behandlungsteam transparent über auftretende Symptome, aber auch über eine möglicherweise vergessene Medikamenteneinnahme oder Probleme mit der Therapie informieren.
Was heißt Therapietreue für Asthmatiker*innen?
Für Asthmatiker*innen heißt gute Therapietreue zum einen, dass sie die gemeinsam vereinbarten Einnahmeempfehlungen einhalten, was Zeitpunkt, Dosierung, Häufigkeit der Einnahme und korrekte Anwendung der Medikamente angeht.
Darüber hinaus ist die Einhaltung der weiteren Therapiemaßnahmen zentral wichtig. Das können zum Beispiel Änderungen im Lebensstil sein, etwa regelmäßige Bewegung sowie gezielte Atemübungen.
Warum ist das alles so bedeutsam? Die Frage, wie gut sich das Asthma kontrollieren lässt, hängt entscheidend von der Therapietreue ab. Das bedeutet: Gute Therapietreue sollte bei Menschen mit Asthma zu einer gut angepassten Therapie und einer Verbesserung ihrer Beschwerden mit weniger Verschlechterungen (Exazerbationen) führen. Ihr Notfallspray sollten Patient*innen im besten Fall gar nicht mehr brauchen. Bei Asthma-Betroffenen mit schlechter Therapietreue hingegen kann es sein, dass sie aufgrund häufigerer Symptome vermehrt zum Bedarfsmedikament, also zum Notfallspray, greifen und möglicherweise auch mit mehr Klinikaufenthalten rechnen müssen.
Weitere Probleme können entstehen, wenn Patient*innen ihre Ärzt*innen nicht über die unregelmäßige Medikamenteneinnahme oder eine mögliche Verschlechterung ihres Zustands informieren.
Adhärenz bei Asthmatiker*innen: eher schlecht
Betrachtet man das Thema Therapietreue bei unterschiedlichen chronischen Erkrankungen, so gibt es eine Auffälligkeit bei Asthma: Etwa die Hälfte der betroffenen Erwachsenen und Kinder nehmen die Medikamente der Dauertherapie – zumindest zeitweise – nicht wie vorgeschrieben ein. Das zeigt unter anderem der 2025 erschienene Report der Globalen Asthma-Initiative GINA.
Eine schlechte Therapietreue kann aus verschiedenen Gründen negative Folgen haben.
Gründe für mangelnde Adhärenz
Die Gründe für mangelnde Therapietreue sind vielfältig. Mögliche Gründe sind:
Soziale und psychische Aspekte
- Vergesslichkeit, speziell wenn mehrfach am Tag inhaliert werden soll. Studien zeigen: Je mehr Medikamente und Tagesdosen einzunehmen sind, desto geringer wird die Therapietreue.1
- Furcht vor bereits erlebten oder befürchteten Nebenwirkungen
- fehlende soziale Unterstützung aus Familie und Umfeld
- psychische Erkrankungen wie Depressionen und andere Erkrankungen wie etwa Demenz
- Bei Jugendlichen gilt die Therapie häufig als „uncool“.
Probleme mit der Handhabung
- Schwierigkeiten beim Umgang mit dem Inhalator
- Der tägliche Einsatz mehrerer unterschiedlicher Inhalatoren. Laut Studien kann das zu mehr Fehlern bei der Anwendung führen.
- Missverständnisse, wie die Therapie richtig anzuwenden ist
Krankheitsbezogene Aspekte
- das Gefühl, dass die Behandlung nicht mehr notwendig ist, zum Beispiel, weil sich die Symptome gebessert haben
- das Gefühl, dass die Behandlung nicht hilft, etwa weil kein schneller Behandlungserfolg eintritt
Gut zu wissen: Ein Grund, warum die Asthma-Therapie trotz regelmäßiger Medikation nicht wirkt, kann auch eine falsche Anwendung des Inhalators sein. Laut Studien wenden bis zu 80 Prozent der Menschen mit Asthma, die Inhalatoren nutzen, diese falsch an.1
Wie lässt sich die Adhärenz verbessern?
Wenn Sie merken, dass Sie die gemeinsam vereinbarten Vorgaben nicht einhalten (können), sprechen Sie darüber am besten mit Ihrem ärztlichen Fachpersonal. Gemeinsam können Sie die Gründe für die mangelnde Therapietreue herausfinden und zusammen nach Lösungen suchen.
Was Menschen mit Asthma unter anderem helfen kann, ihrer Therapie besser treu zu bleiben:
Hilfe bei sozialen und psychischen Hürden
- Es kann sehr hilfreich sein, Angehörige um Unterstützung zu bitten. Diese können zum Beispiel an die Einnahme der Medikamente erinnern oder mögliche Symptome für das nächste Arztgespräch notieren.
- Sie können sich auch von Ihrer Smartphone-App mit akustischen Signalen an die Einnahme Ihrer Medikamente erinnern lassen. Zudem gibt es für Menschen mit Asthma inzwischen eine Reihe von Apps, die neben einer Erinnerungsfunktion weitere nützliche Services bereitstellen. Sie können zum Beispiel die Ergebnisse der Peak-Flow-Messung analysieren oder sind als digitales Symptomtagebuch einsetzbar. Die Nutzung solcher Apps kann letztlich die Therapietreue positiv beeinflussen.
Hilfe bei Problemen mit der Handhabung
- Wenn Asthmatiker*innen mit dem verschriebenen Gerätetyp nicht zurechtkommen oder bei der Handhabung mehrerer unterschiedlicher Geräte Probleme haben, sollten sie mit dem behandelnden Arzt oder der Ärztin sprechen und gemeinsam nach einer Alternative suchen. Möglicherweise macht es Sinn, Geräte auszutauschen. Es hat sich gezeigt, dass es die Therapietreue steigern kann, wenn statt mehrerer unterschiedlicher Geräte nur ein einziger Inhalator mit einer entsprechenden Wirkstoffkombination zur Behandlung benötigt wird. Eventuell kann auch die Nutzung einer Inhalationshilfe (eines sogenannten Spacers) angeraten sein.
Der Einsatz „smarter“ Inhaliergeräte kann die Therapietreue und die Effizienz der Geräte steigern. „Smarte“ Geräte können Patient*innen auf verschiedene Arten bei der Anwendung unterstützen, zum Beispiel durch ein Zählwerk, das anzeigt, dass das Gerät richtig genutzt wurde und wie viele Dosen noch verfügbar sind. Studien haben nachgewiesen, dass der Gebrauch „smarter“ Geräte die Therapietreue fördert.
- Grundsätzlich werden Sie von Ihrer Praxis oder Apotheke in den Umgang mit dem verordneten Inhalator eingewiesen. Darüber hinaus bieten viele Apotheken eine noch ausführlichere Einführung in die korrekte Handhabung der jeweiligen Inhalatoren an. Diese sogenannte pharmazeutische Dienstleistung rechnet die Apotheke mit der Krankenkasse ab. Fragen Sie dazu am besten in Ihrer Apotheke nach.
Hilfe bei krankheitsbezogenen Hürden
- Sprechen Sie immer mit Ihrem Arzt oder Ihrer Ärztin, wenn Sie den Eindruck haben, dass Ihre Medikamente angepasst werden sollten – beispielsweise, weil sie das Gefühl haben, dass sie nicht ausreichend wirken oder Sie unter möglichen Nebenwirkungen leiden.
- Viele Praxen oder Kliniken bieten für Menschen mit Asthma spezielle Patientenschulungen an. Sie werden meist in Kleingruppen durchgeführt und durch medizinisches Fachpersonal geleitet. Die Schulungen vermitteln Teilnehmer*innen umfangreiches Wissen über Asthma und geben praktische Tipps für den täglichen Umgang mit der Erkrankung.
Die Deutsche Atemwegsliga hat eine Liste mit Anbieter*innen von Schulungen online gestellt.
Gut zu wissen: Besuchen Menschen mit Asthma derartige Schulungen im Rahmen eines Disease Management Programms (DMP), werden die Kosten von den Krankenkassen übernommen. Bei DMPs handelt es sich um strukturierte Behandlungsprogramme, in denen Patient*innen gemeinsam mit den behandelnden Ärzt*innen individuelle Behandlungsziele vereinbaren und aktiv darauf hinarbeiten. Beim DMP Asthma Bronchiale machen bereits rund eine Million gesetzlich Versicherte mit.2
Asthma-Symptome trotz Therapie?
Gute Therapietreue ist ein großer Schritt zu einer gut kontrollierten Asthmaerkrankung. Aber auch die regelmäßige und korrekte Einnahme der Medikamente ist keine Garantie dafür, dass es zu keinen Symptomen mehr kommt.
Wenn unter einer Asthma-Therapie Symptome auftreten, sollten Sie diese auf keinen Fall ausblenden, sondern alle Beschwerden notieren und Ihren Arzt oder Ihre Ärztin darüber informieren. Nur so kann Ihre Therapie optimal eingestellt werden.
Auch können so möglicherweise bislang unentdeckte Fälle von schwerem sogenanntem unkontrolliertem Asthma gefunden werden und die Betroffenen eine darauf ausgerichtete Therapie erhalten. Denn beim Asthma richtet sich die Therapie nach dem Grad der Krankheitskontrolle.
Symptomatisch: Woran erkennt man das?
- Atemnot (oft anfallsartig)
- Kurzatmigkeit bei Belastung
- geräuschvolles Ausatmen
- Engegefühl in der Brust
- Husten/Hustenreiz
Die Beschwerden treten meist anfallsartig auf, häufig auch nachts.
ZUSAMMENFASSUNG
Für Menschen mit Asthma ist eine gute Adhärenz (Therapietreue) wichtig, um die Symptome zu lindern und eine Verschlechterung der Lungenerkrankung zu vermeiden. Doch Betroffenen fällt es nicht immer leicht, die zusammen mit dem ärztlichen Fachpersonal vereinbarten Therapiemaßnahmen umzusetzen. Das kann im Einzelfall sehr unterschiedliche Gründe haben. Wer seine Therapietreue verbessern möchte, hat dazu einige Möglichkeiten, wie beispielsweise den Einsatz digitaler Erinnerungshilfen oder die Teilnahme an Schulungsprogrammen.
Um die optimale Therapie zu finden, ist es wichtig, dass Menschen mit Asthma ihren behandelnden Ärzt*innen offen darüber berichten, wenn sie feststellen, dass sie Probleme mit der Therapietreue haben. Zudem sollten sie in der Arztpraxis Bescheid geben, wenn bei Ihnen trotz der regelmäßigen und korrekten Anwendung der Medikamente weiterhin Asthma-Symptome auftreten.
Entscheidend ist am Ende, gemeinsam eine Behandlung festzulegen, die die persönlichen Voraussetzungen der Betroffenen berücksichtigt und so die Grundlage für eine gute Therapietreue schafft.
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1Pharmazeutische Zeitung, Typische Fehler mit Inhalatoren, 07/2023, https://www.pharmazeutische-zeitung.de/typische-fehler-mit-inhalatoren-141259, letzter Aufruf: 14.02.2025
2Deutsches Ärzteblatt, Disease-Management-Programm Asthma bronchiale aktualisiert, 07/2023, https://www.aerzteblatt.de/news/disease-management-programm-asthma-bronchiale-aktualisiert-350c1361-2553-4fd7-a25b-50cfe600ce03, letzter Aufruf: 17.02.2025